Definition und Diagnosekriterien Sucht ist eine weit verbreitete und ernstzunehmende Krankheit, die für den Betroffenen oft weit reichende Folgen hat. Neben den – je nach Suchtmittel – oft schwerwiegenden körperlichen Folgeschäden, gibt es auch zahlreiche psychische und soziale Auswirkungen wie z.B. Probleme am Arbeitsplatz oder vermehrte Konflikte in der Familie. Viele Abhängige erleben Obdachlosigkeit, soziale Verwahrlosung und Beschaffungskriminalität, die oft im Knast endet. Für Nicht- Betroffene ist es oft nicht vorstellbar, wie es ist, wenn ein „Stoff“ das gesamte Leben beherrscht. Für tausende Menschen ist es jedoch tagtäglich Realität. Mit Teil der Krankheit ist leider auch, dass die meisten Betroffenen erst sehr spät erkennen, dass sie ein Problem haben und sich oft erst dann Hilfe holen, wenn es schon fast zu spät ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Abhängigkeit wie folgt: „Wiederholter Konsum einer oder mehrerer psychoaktiver Substanzen der zu einer periodischen oder chronischen Vergiftung führt (psychoaktiv: auf den Menschen, seine Wahrnehmung, sein Erleben und Verhalten einwirkend).

Der Abhängige hat einen starken Drang die Substanz zu sich zu nehmen, so dass es für ihn schwierig ist den Konsum zu kontrollieren oder die konsumierte Menge zu reduzieren. Toleranzentwicklung und Entzugssymptome (s.u.) sind vorhanden.“

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Abhängigkeiten: Die psychische Abhängigkeit und die körperliche Abhängigkeit. Sobald die Kriterien für eine der beiden Abhängigkeiten erfüllt sind, liegt eine Suchterkrankung vor. Die Diagnose sollte in jedem Fall durch eine kompetente Fachkraft erfolgen, z.B. durch entsprechend ausgebildete Mitarbeiter von Suchtberatungsstellen oder Fachärzten. Die psychische Abhängigkeit ist gekennzeichnet durch ein unbezwingbares Verlangen, die Substanz zu konsumieren. Freunde, Familie, Hobbys, Schule, Beruf werden immer unwichtiger, die Droge immer wichtiger. Die Sucht beherrscht somit im Verlauf immer stärker das Leben des Abhängigen, d.h. alle Gedanken, Handlungen und Verhaltensweise drehen sich stetig mehr um die konsumierte Substanz (z.B. Wann werde ich wieder konsumieren? Wo hole ich mir den nächsten Stoff? Woher bekomme ich Geld um mir den Stoff zu beschaffen?). Der Drang zu konsumieren kann so groß werden, dass alle Mittel in Betracht gezogen werden um an den Stoff heranzukommen und zu konsumieren (z.B. kriminelles Verhalten). Dies bedeutet oft für Menschen, die dem Betroffenen nahestehen, von diesem verletzt und enttäuscht zu werden. Der Betroffene schafft es mit der Zeit immer weniger selbst zu bestimmten, wie viel er konsumiert, wann er aufhört zu konsumieren oder zu welcher Tageszeit er damit anfängt. Er erlebt einen sogenannten „Kontrollverlust“. Eine körperliche Abhängigkeit liegt vor, wenn entweder eine Toleranzsteigerung und/ oder Entzugssymptome vorliegen.

Toleranzsteigerung meint, dass sich der Körper an die Substanz gewöhnt und immer mehr konsumiert werden muss um dieselbe gewünschte Wirkung zu erzielen.

 Bei Alkohol stellt sich diese Wirkung sehr schnell ein, ohne dass eine Abhängigkeit vorliegen muss. Bei allen anderen Substanzen spricht man in jedem Falle von einer Abhängigkeit, wenn eine Toleranzsteigerung zu beobachten ist. Ein weiteres Merkmal für eine körperliche Abhängigkeit ist das Auftreten von Entzugssymptomen, wenn der Betroffene den Konsum reduziert oder ganz einstellt (sei es weil er aufhören möchte oder aufgrund von äußeren Gegebenheiten, die den Konsum verhindern). Diese können je nach Abhängigkeitsgrad und konsumierter Substanz stark variieren. Es kann von relativ leichten Erscheinungen wie Zittern, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit über Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Schmerzen, Angstzuständen, Unruhe, Aggressivität, bis hin zu schweren, lebensbedrohlichen Symptomen wie epileptische Anfälle oder einem Delir reichen. Von einem eigenständigen Entzug zu Hause ist bei vielen Abhängigkeiten wie z.B. bei einer „Alkoholabhängigkeit“ abzuraten, aufgrund der bestehenden Lebensgefahr und der nicht einschätzbaren gesundheitlichen Risiken. Wie entwickelt sich eine Abhängigkeit? Eine Abhängigkeit kann sich je nach Suchtmittel unterschiedlich schnell und unterschiedlich stark entwickeln. Grundsätzlich gilt: Wer einmal abhängig ist, bleibt sein Leben lang abhängig, auch wenn er abstinent lebt. D.h., dass Betroffene auch nach jahrelanger Abstinenz rückfällig werden können und sie deswegen ein Leben lang an sich und ihrer Abstinenz arbeiten müssen, wenn sie ein suchtmittelfreies Leben führen möchten. Bei vielen illegalen Drogen kann sich eine Abhängigkeit relativ schnell innerhalb der ersten Wochen des Konsums einstellen (z.B. bei Heroin). Bei Alkohol zeigt sich dahingegen oft ein eher schleichender Verlauf. Viele Betroffene haben über Jahre immer mehr und immer öfter getrunken, so dass sich schließlich eine Sucht entwickelt hat. Oft sind die Übergänge zwischen Trinken aus Genuss über missbräuchlichen Konsum bis hin zur Gewöhnung und Abhängigkeit fließend und verlaufen nicht selten auch für den Betroffenen unbemerkt. Suchtmittel:

Die Liste der Stoffe, Erlebnisse und Verhaltensweisen, die süchtig machen können, ist schier unendlich. Grundsätzlich unterscheidet man stoffgebundene und nicht stoffgebundene Süchte.

Eine stoffgebundene Sucht besteht bei einer Abhängigkeit von legalen oder illegalen Suchtmitteln, wie z.B. Alkohol, Nikotin,Medikamenten, Heroin, Kokain, Amphetamine („Speed“), Cannabis. Stoffungebundene Abhängigkeiten sind z.B. Glücksspielsucht, Kaufsucht, Arbeitssucht, Sexsucht oder Internetsucht. Der Betroffene ist hierbei nicht von einer Droge – einem Stoff – abhängig, seine Abhängigkeit äußert sich durch das ständige Wiederholen bestimmter Verhaltensweisen, wie z.B. das Spielen an Automaten in Spielkasinos. Durch das Verhalten können teils gesundheitliche Störungen hervorgerufen werden, vor allem aber stehen schwerwiegende soziale oder psychische Folgeschäden im Vordergrund. Die psychische Abhängigkeit ist bei stoffungebundenen Süchten sehr stark ausgeprägt. Risiken und Folgen einer Abhängigkeit: Die Folgen einer Abhängigkeit können sehr vielfältig sein. Sie können von körperlichen Folgeschäden über psychische Störungen bis hin zu sozialen Problemen alles enthalten. Je nachdem ob es sich um eine stoffgebundene oder -ungebundene Sucht handelt, sind die Auswirkungen verschieden.

Bei allen stoffgebundenen Abhängigkeiten besteht die Gefahr einer akuten Vergiftung durch eine Überdosis des legalen oder illegalen Suchtmittels (z.B. Alkoholvergiftung).

Bei vielen Suchtmitteln besteht dabei eine akute Lebensgefahr (z.B. bei Heroin, Kokain, Alkohol). Langfristig gesehen können durch den ständigen Substanzgebrauch auch chronische, gesundheitliche Beeinträchtigungen entstehen. Man denke z.B. an die Zerstörung der Leber bei einem Alkoholabhängigen. Diese Folgeschäden können bereits nach kurzer Zeit bemerkbar werden, aber auch erst nach Jahren des Konsums für den Betroffenen spürbar werden. Alkohol kann z.B. über 60 (!) verschiedene Krankheiten auslösen. Bei vielen dieser gesundheitlichen Langzeitfolgen besteht die Gefahr eines frühzeitigen Todes, wie z.B. bei chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündungen bei Alkoholikern. Viele der Langzeitfolgen bleiben auch bei Abstinenz erhalten und können zu Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben führen, so dass manche Abhängige ein Leben lang auf Hilfe angewiesen sind. Neben körperlichen Folgeschäden kommt es auch zu psychischen und sozialen Problemen. Nicht selten sind in Folge der Abhängigkeitserkrankungen und des damit verbundenen Lebenswandels Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle, Angststörungen und Verzweiflung vorhanden. Viele Betroffene verlieren den Kontakt zu ihrer Familie und zu Freunden, ihren Job, den Führerschein und die Wohnung. Die Sucht führt so gesehen zu einer sozialen Abwärtsspirale in der der Betroffene immer mehr Halt und Sicherheit verliert und eine soziale Verwahrlosung droht. Die sozialen Auswirkungen beeinflussen natürlich auch das psychische Wohlbefinden. Viele Betroffene verlieren in Folge des sozialen Absturzes ihre Selbstachtung, verfallen in eine Depression und erleben oft eine tiefgehende Persönlichkeitsänderung. Suizide sind aufgrund der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit bei Abhängigen nicht selten. Hilfe für Betroffene: Trotz der weitreichenden Folgen einer Sucht bedeutet es nicht automatisch, dass ein Abhängiger sein Leben nie wieder in den Griff bekommen wird.

Statistiken zeigen, dass es zwar nicht leicht ist zu einem abstinenten Leben zurückzufinden, jedoch aber auch nicht unmöglich.

Viele Betroffene, die ihre Krankheit mit allen Folgen akzeptieren, Hilfe aufsuchen und motiviert sind abstinent zu leben, schaffen es auch vom Suchtmittel wegzukommen. Wichtig hierfür ist vor allem eigene Motivation sein Leben ändern zu wollen und die Annahme von Hilfe. Je früher Betroffene im Verlauf der Abhängigkeit Hilfe aufsuchen, desto besser stehen ihre Chancen für ein abstinentes Leben. Abhängige finden deutschlandweit ein gut strukturiertes Hilfesystem. Von niedrigschwelligen, anonymen Beratungen in Suchtberatungsstellen, über Selbsthilfegruppen, stationären Entgiftungen in Krankenhäusern, bis hin zu ambulanten, teilstationären und stationären Entwöhnungsbehandlungen ist alles geboten. Erste Hilfe finden Betroffene am besten über den Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle, die Beratungsgespräche in einer vertraulichen Atmosphäre anbieten und dabei behilflich sind in andere Suchthilfemaßnahmen zu vermitteln. Hilfe für Angehörige: Angehörige Suchtkranker leiden oft ebenfalls sehr unter der Suchterkrankung ihres Partners, Familienangehörigen oder Freundes. Für sie gibt es spezielle Angebote wie z.B.Angehörigenselbsthilfegruppen oder spezielle Beratungen in Suchtberatungsstellen. Ein persönliches Gespräch mit einer außenstehenden Person über die Probleme und Folgen der Suchterkrankung kann bereits wahre Wunder wirken und zu einer persönlichen Entlastung führen. Angehörige finden Hilfe, wie auch Betroffene, am besten über den Kontakt zu einer Beratungsstelle. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe können sie z.B. über die Internetseite der DHS www.dhs.de unter dem Stichpunkt „Einrichtungssuche“ finden.